iXNet – Das Team hinter dem Netzwerk
Ein Blick hinter die Kulissen des inklusiven Expertinnen- und Expertennetzwerks von Andreas Brüning
Tatjana Schweizer, Anna Schneider, Abdel Hafid Sarkissian (O-Ton):
„Also iXNet ist das inklusive Expertinnen-Netzwerk von und für Akademikerinnen und Akademiker mit Beeinträchtigungen. Wir haben uns dann immer wieder durch Modifikation, durch Konzeptarbeit zu dem gemacht, was wir sind. Und da ist das eines der zentralen Aspekte gewesen, warum iXNet so erfolgreich werden konnte. iXNet ist ein Peer-to-Peer-Support. Das bedeutet, alle, die im iXNet-Team drin sind, haben selber auch eine Schwerbehinderung.“
Wer sind wir?
(Andreas Brüning):
Herzlich willkommen zum iXNet-Podcast. Heute werfen wir einen Blick hinter die Kulissen: Wer steckt hinter iXNet – dem Netzwerk für schwerbehinderte Akademikerinnen und Akademiker? Seit fünf Jahren ist iXNet online. Seit Mai 2022 ist es beim Arbeitgeberservice der ZAV verankert.
Ich bin Andreas Brüning, Podcast-Host, 63 Jahre alt. Ich habe Kultur, Sozialarbeit und Wissenschaftskommunikation studiert – und ich bin selbst sehbehindert.
Als Kind fuhr ich oft im schwarzen Volkswagen meiner Eltern mit – auf der Rückbank, neben mir mein blauer Plastikeimer. Jede Kurve, jede Bremsung konnte meinen Gleichgewichtssinn durcheinanderbringen. Damals dachten meine Familie und ich, ich würde mit etwa zwölf Jahren vollständig erblinden. Das ist bis heute nicht passiert – aber mein Sehvermögen ist stark eingeschränkt. Heute nutze ich gelbe Kantenfilterbrillengläser, die ziemlich cool aussehen, und arbeite mit einem 27-Zoll-iMac. Künstliche Intelligenz hilft mir im Arbeitsalltag.
Was mich beschreibt? Ich bin Moderator, Coach, PR-Experte, Künstler – und leidenschaftlicher Netzwerker. Und ich bin Teil des iXNet-Teams.
Andreas Brüning:
iXNet berät, vernetzt und unterstützt Akademikerinnen und Akademiker mit Behinderung beim Berufs- oder Wiedereinstieg – authentisch und auf Augenhöhe.
Dr. Tatjana Schweizer (O-Ton):
„Es wurde 2018 gegründet und ist mittlerweile angesiedelt beim Arbeitgeberservice für schwerbehinderte Akademiker der Bundesagentur für Arbeit. Ziel ist, Akademikerinnen und Akademiker mit Schwerbehinderung beim (Wieder-)Einstieg ins Berufsleben zu begleiten – durch Veranstaltungen, Beratung und Informationsangebote.“
Andreas Brüning:
Was auf dem Papier wie eine Jobbörse klingt, ist in Wirklichkeit viel mehr: ein Raum für Begegnung, Orientierung und Vertrauen.
Ein Team mit Perspektive
Abdel Hafid Sarkissian (O-Ton):
„Wir sind vom beruflichen Hintergrund her aus der Sozialpädagogik, Psychologie, aus sozialen und geisteswissenschaftlichen Themenfeldern.“
Andreas Brüning:
Abdel Hafid ist 35 Jahre alt, Rollstuhlfahrer, Lehrbeauftragter für Inklusionspädagogik und Rehabilitationspädagoge. Seine berufliche wie persönliche Erfahrung prägen unsere Arbeit.
Abdel Hafid Sarkissian (O-Ton):
„Was auch nochmal dazu beiträgt, dass man eben auch auf fachlicher Ebene anders auf Arbeitssuchende zugehen kann. Und die Empathiefähigkeit – gerade weil man bestimmte Sachen durchlebt hat – hilft, sich stärker in andere hineinzuversetzen. Wir lernen mit jedem Ratsuchenden dazu. Es ist ein Geben und Nehmen.“
Beratung auf Augenhöhe
Andreas Brüning:
iXNet richtet sich an Akademikerinnen und Akademiker mit Behinderungen. Um mit ihnen wirksam arbeiten zu können, braucht es echte Augenhöhe – sagt unsere Jüngste im Team:
Anna Schneider (O-Ton):
„iXNet ist ein Peer-to-Peer-Support. Das bedeutet, alle im iXNet-Team haben selber auch eine Schwerbehinderung.“
Andreas Brüning:
Anna ist 32, sehbehindert, spielt Theater, schwimmt gern – und fährt mit ihrem Partner Fahrradtandem. Sie engagiert sich besonders dafür, dass Arbeitgeber und Akademikerinnen und Akademiker mit Behinderungen zueinanderfinden.
Anna Schneider (O-Ton):
„Ich glaube, viele der Erfahrungen, die Ratsuchende machen, haben wir selbst gemacht. Das schafft Überschneidungen und eine Art von Augenhöhe. Probleme werden schneller erkannt. Und die Hoffnung ist, dass sich Ratsuchende schneller öffnen, weil sie wissen: Da sitzt jemand, der versteht, wie es ist.“
Individuell, professionell, nah
Tatjana Schweizer (O-Ton):
„Wir bieten alles sehr niedrigschwellig und freiwillig an. Das macht es besonders – und führt dazu, dass sich Menschen schnell öffnen.“
Andreas Brüning:
Abdel Hafid sieht das genauso. Bei ihm melden sich Menschen mit vielfältigen Biografien. Keine Beratung ist wie die andere.
Abdel Hafid Sarkissian (O-Ton):
„Manche brauchen eine kurze Orientierung, andere intensiveres Coaching. Es geht um Bewerbungsunterlagen, Kompetenzen – aber auch um Selbstwert, Persönlichkeitsentwicklung und berufliche Perspektiven.“
Mut zur Reflexion – und zur Sichtbarkeit
Andreas Brüning:
Ein zentrales Thema: Wie offen soll ich mit meiner Behinderung im Bewerbungsprozess umgehen?
Abdel Hafid Sarkissian (O-Ton):
„Viele Menschen empfinden ihre Behinderung als Makel. Unsere Beratung hilft dabei, diesen inneren Blick zu verändern – hin zu den eigenen Stärken.“
Ein Beispiel: Eine Ratsuchende traute sich nach dem Coaching, offen über ihre Bedarfe zu sprechen. Ergebnis: ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis.
Beratung mit Wirkung
Tatjana Schweizer (O-Ton):
„Zunächst analysieren wir gemeinsam den Ist-Stand. Was wurde erreicht? Wo möchte die Person hin? Welche Bedarfe gibt es im Kontext der Beeinträchtigung? Es ist wichtig, dass beide Seiten aktiv sind – Beraterin bzw. Berater und Ratsuchende bzw. Ratsuchender.“
Andreas Brüning:
Diese Praxis zahlt sich aus: aus einer Beratung kann ein Praktikum werden – und daraus eine langfristige Anstellung.
Tatjana Schweizer (O-Ton):
„Ich erinnere mich an eine Bewerberin, mit der ich speziell Bewerbungssituationen trainiert habe. Heute ist sie in einem Praktikum – vielleicht wird daraus mehr.“
Vorbild sein – jeden Tag
Andreas Brüning:
Sind wir als Team auch Rollenvorbilder? Anna meint:
Anna Schneider (O-Ton):
„Natürlich sind auch bekannte Menschen wie Raul Krauthausen oder Samuel Koch wichtig. Aber für mich sind es die alltäglichen Begegnungen – Kolleginnen und Kollegen, die eigene Wege finden. Wir unterstützen uns gegenseitig. Das ist gelebte Teamkultur.“
Abdel Hafid Sarkissian (O-Ton):
„Unsere Aufgabe ist Bewusstseinsbildung. iXNet leistet das – durch Veranstaltungen, Workshops, Vernetzung. Wir zeigen: Leistungsfähigkeit ist nicht per se eingeschränkt durch eine Behinderung.“
Und was wünschen wir uns?
Anna Schneider (O-Ton):
„Mehr Sichtbarkeit, mehr Reichweite, mehr Unterstützungsmöglichkeiten. Wir wachsen – und wir wollen weiter wachsen.“
Das iXNet-Team
Dr. Tatjana Schweizer
Abdel Hafid Sarkissian
Anna Schneider
Andreas Brüning